Annette Boldt löst Probleme mit Diplomatie und Verhandlungsgeschick. Doch gegen die chronische Überlastung des Krankenhaus-Personals kommt auch die erfahrene Betriebsrätin nicht alleine an. Für die dringend notwendige Entlastung und bessere Arbeitsbedingungen setzt sie deswegen auf die nächste Tarifrunde im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen.
ver.di: Stell dich bitte kurz vor und beschreibe deine Tätigkeit.
Annette: „Ich bin Annette Boldt, gelernte Krankenschwester. Ich habe viele Jahre im OP gearbeitet und bin seit 2000 freigestellte Betriebsrätin im Stadtkrankenhaus Korbach und der Altenpflege „Haus am Nordwall“ in Korbach.“
ver.di: Was sind die schönsten Momente in deinem Arbeitsalltag?
Annette: „Die schönsten Momente am Arbeitsplatz sind für mich, wenn ich Kolleg*innen helfe, Probleme am Arbeitsplatz zu lösen – und mich mit meinem Wissen, meinem diplomatischen Geschick und gemeinsam mit den Kolleg*innen der Basis dafür einsetze, positive Veränderungen der Arbeitsbedingungen zu erreichen. In einem kleineren Haus kennt man alle Beteiligten. Man kommt schnell ins Gespräch und zu einem Ergebnis.“
ver.di: Warum ist dir deine Arbeit im öffentlichen Dienst wichtig?
Annette: „Die Arbeit im öffentlichen Dienst ist mir sehr wichtig. Krankheit, Pflege, Betreuung, Begleitung, Verwaltung sind zum Leben notwendig. In der Pandemie hat man gesehen, wie wichtig wir sind – „Wir halten den Laden am Laufen“. Die Verantwortung der Gemeinden, Städte, Landkreise, Länder und des Bundes ist notwendig. Gut ist auch, dass in den Überwachungsgremien, Aufsichtsräten, Verwaltungsgremien und Betriebskommissionen gewählte Bürger*innen mitmischen und Verantwortung tragen.“
Es fehlt Geld im System
ver.di: Wo siehst du die größten Herausforderungen bei deiner Arbeit? Was erschwert deine Arbeit?
Annette: „Die größte Herausforderung meiner Arbeit ist aktuell die Krankenhausreform und die Frage, ob wir einen kommunalen Zusammenschluss der beiden Krankenhäuser im Landkreis schaffen werden. Hinzu kommt der Fachkräftemangel. Stellen sind unbesetzt, die Arbeitsverdichtung nimmt zu. Trotz allem brauchen wir als Arbeitnehmer*innen planbare und verlässliche freie Zeit und Entlastungstage, damit wir auch im Beruf bleiben können. Dafür werden wir in der kommenden Tarifrunde laut sein.“
„Die Stimmung vor Ort ist gerade sehr entzündet. Die Kolleg*innen sind erschöpft, die Politik gibt keine klaren Wege vor, Kliniken schreiben hohe Verluste. Das alles bedeutet Zukunftsangst für die Beschäftigten.“
ver.di: Wie ist die Stimmung bei dir und deinen Kolleg*innen?
Annette: „Die Stimmung vor Ort ist gerade sehr entzündet. Die Kolleg*innen sind erschöpft, die Politik gibt keine klaren Wege vor, Kliniken schreiben hohe Verluste. Das alles bedeutet Zukunftsangst für die Beschäftigten. Ich selbst bin in Aufbruchstimmung. Veränderungen müssen zukunftsweisend sein. Neue Wege zu gehen, kann ebenso eine Chance zur Entlastung der Beschäftigten werden.“
ver.di: Wie hast du die vergangenen Tarifrunden erlebt?
Annette: „Die letzte Tarifrunde war bei uns richtig gut. In vielen Facetten waren wir beteiligt. Ja, das geht auch in kleineren Bereichen. Gerade bei uns waren Arbeitsstreiks der richtige Weg. Und genau dafür werden meine Kolleg*innen und ich auch in der nächsten Tarifrunde mobilisieren. Wenn nötig, werden wir wieder alle gemeinsam auf die Straße gehen!“
ver.di: Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir für deine Arbeit wünschen?
Annette: „Ich würde mir wünschen, dass wir genug Mitarbeiter*innen in allen Bereichen rund um die Uhr haben. Dass Ausfallkonzepte immer greifen und Entlastung bringen. Dass genug Geld im System ist, damit auch moderne Ideen umgesetzt werden können, die unter anderem mehr Personal bedeuten.“
Rund 1,3 Millionen Beschäftigte verschiedener Berufsgruppen arbeiten in fast 2.000 Plankrankenhäusern und ihren Tochtergesellschaften. Sie leisten damit einen unverzichtbaren Anteil an der Daseinsvorsorge. Damit die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst attraktiv bleiben, beteilige dich an der anstehenden Tarifrunde.