von Cornelia Berger, Leiterin Kommunikation

Warnstreik in Tübingen 15.10.2020

„Vernünftig“ werde es sein, das Angebot, das er ver.di gemeinsam mit der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen vorlegen wolle, so verhieß es Bundesinnenminister Horst Seehofer in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag am 1. Oktober. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte einen Tag vorher schon festgestellt: „Die Corona-Heldinnen und –Helden wollen keinen Orden. Sie wollen ein ordentliches Gehalt und das müssen wir sicherstellen.

Lange kein Angebot der Arbeitgeber, klare Forderungen von ver.di

Am 16. Oktober sollte es kommen, dieses Angebot, das eigentlich schon in der zweiten Verhandlungsrunde zu erwarten gewesen wäre, wenn der Verhandlungsführer der VKA, der Lüneburger Oberbürgermeister Ulrich Mädge, seinem in der „Welt“ formulierten Anspruch nach einer schnellen Lösung des Tarifkonflikts auch Taten hätte folgen lassen. Da gab es immerhin zwei Tage Gelegenheit zu verhandeln, bloß mangels Angebot dann eben nichts, worüber man hätte verhandeln können.

Die ver.di-Forderungen hingegen sind seit Ende August bekannt: Wir wollen 4,8 Prozent mehr Geld für zwölf Monate, mindestens aber 150 Euro und 100 Euro mehr im Monat für die Auszubildenden, wir erwarten, dass im Jahr 30 der deutschen Einheit die Arbeitszeit im Osten an die im Westen angeglichen wird, sprich Applaus allein reicht nicht!

Mickrige Lohnerhöhungen und versteckte Verschlechterungen

Was hat es jetzt mit dem Angebot von Bund und Kommunen auf sich? Im März 2021 soll es ein Lohnplus von einem Prozent geben, ein Jahr später nochmal ein Prozent und im Jahr 2023 dann 1,5 Prozent, was sich in 36 Monaten Laufzeit auf 3,5 Prozent addiert, aber eben erst dann. Für die Leermonate soll es 300 Euro steuerfrei geben, als Mindestbetrag 30 Euro, für die Auszubildenden keine gesonderte Erhöhung und auch die grade wieder von steigenden Corona-Belastungen gebeutelte Krankenpflege soll offenbar wieder nur mit Applaus abgespeist werden.

Was dem Ganzen noch die Krone aufsetzt: Die mickrigen Lohnerhöhungen sollen die Beschäftigten offenbar aus eigener Tasche bezahlen, denn die Arbeitgeber wollen über Änderungen am Eingruppierungssystem Gehälter senken und Leistungen, für die sie verantwortlich sind, z. B. beim Gesundheitsschutz, den Kolleg*innen aufbürden. Die nicht überraschende Reaktion unserer Kolleginnen und Kollegen? „Respektlos!“, „Dreist!“, „Eine Provokation!“

Streik ist ein Grundrecht! – Natürlich nach Corona-Regeln

Und so haben die Arbeitgeber eine erneute Eskalation in dieser Tarifauseinandersetzung herauf beschworen – Und tragen immer noch die Verantwortung dafür, wenn wir erneut zu Streiks aufrufen. Vom 19.-21. Oktober werden wir wieder zeigen, dass wir verantwortungsvoll und ohne gegen Corona-Regeln zu verstoßen, unser Grundrecht auf Streik wahr nehmen, weil uns in dieser Situation keine Wahl bleibt als zu sagen: Jetzt seid ihr dran!

Wir haben uns einiges vorgenommen, 3 Tage – 300 Aktionen, die zeigen wir am 21. Oktober von 11-14 Uhr in unserem Live Stream, bevor es am 22. Oktober wieder an den Verhandlungstisch nach Potsdam geht, wo die Arbeitgeber dann hoffentlich endlich verstehen, was „vernünftig“ ist.

Cornelia Berger, Leiterin Kommunikation in ver.di,
schreibt in unregelmäßigen Abständen auf diesem Blog darüber, was die Gewerkschaft bewegt.

Berger studierte Philosophie, Literaturwissenschaft und Staatsrecht. Sie arbeitete zunächst als Journalistin. Seit 2001 war sie bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), zunächst als Pressesprecherin des Bundesvorstands tätig, dann Geschäftsführerin der dju in ver.di, anschließend Bereichsleiterin Medien in der ver.di-Bundesverwaltung (seit 2015). Seit Oktober 2020 leitet sie den Bereich Kommunikation.

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