Gruppenbild: Mitglieder des ver.di-Bundesvorstands besuchen den DHL Hub Leipzig.

Gleißendes Licht, konzentrierte Betriebsamkeit, überall Bewegung: Wie an einer Perlenkette landen die Frachtflieger zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens auf dem Flughafen Leipzig, werden be- und entladen und fliegen nach kurzer Zeit mit neuer Fracht weiter. Willkommen am DHL Hub in Leipzig. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, macht sich der ver.di-Bundesvorstand an einem kühlen und regnerischen Aprilabend ein Bild von den nächtlichen Aktivitäten vor den Toren von Leipzig.

Herzliche Begrüßung und hautnaher Eindruck

Die ver.di-Betriebsgruppe und Betriebsräte heißen die Besucher*innen herzlich willkommen und vermitteln über fünf Stunden einen hautnahen Eindruck von der gewaltigen Logistik, die hier rund um die Uhr am Werk ist. Am Laufen gehalten wird dieser Umschlagplatz, das größte Drehkreuz von DHL Express weltweit, von den über 7000 Beschäftigten, von denen die meisten arbeiten, wenn ihre Familien und Nachbar*innen schlafen. In orangener Arbeitskleidung sind sie diejenigen, die mehr als 2500 Tonnen pro Nacht stemmen, 200 LKW abfertigen und 80 bis 90 Flüge. Sie bewegen sich durch die Terminals, die die Größe von Fußballfeldern haben und koordinieren, dass Sendungen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind, weltweit. Allein über 46 Kilometer sind die Förderbänder lang, über die die großen Sendungen laufen, 65000 Stück in der Stunde, bis zu 31,5 Kilo schwer – Und am Ende dieser Förderbänder steht immer ein Mensch, eine Kolleg*in, die dem Paket den richtigen Drall gibt – Knochenarbeit.

Die Beschäftigten stemmen tonnenweise Fracht und halten den Betrieb in Gang

Die Förderbänder sausen, die Terminals sind hell erleuchtet, zwischendrin flitzen Gabelstapler hin und her und alles dreht sich zum Beispiel um einen übergroßen Karton auf seinem Weg von Indien nach Lippstadt. Beschäftigte aus 99 Nationen arbeiten hier, allein 500 von ihnen kommen aus Spanien, wo DHL vor einigen Jahren Menschen angeworben hat, weil der regionale Arbeitsmarkt leer war. Auch jetzt sucht der Konzern neue Mitarbeitende.

Fracht-Flugzeug am Flughafen Leipzig. © ver.di

Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen

Die Kolleg*innen im Betriebsrat und in der ver.di-Betriebsgruppe kennen ihren Betrieb bestens und wissen, wo der Schuh drückt: Seit Gründung des Hubs 2005 kämpfen sie mit den ver.di-Mitgliedern für bessere Arbeitsbedingungen – Und haben schon viel erreicht. So haben sie in dieser Zeit eine Erhöhung der Stundenlöhne in Höhe von stolzen 85 Prozent durchgesetzt und dafür auch schon mal gestreikt. 2016 wurde die Arbeitszeit von 40 auf 38,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich abgesenkt, in den letzten Jahren dazu noch mehr Urlaub und eine Inflationsausgleichszahlung von 3000 Euro erstritten. Ein ordentlicher Lohn und genug Freizeit ist das mindeste für diesen nächtlichen Knochenjob und so bleiben diese Themen ebenso auf der Agenda der ver.di-Kolleg*innen vor Ort wie auch die sichere und gute Gestaltung der täglichen Arbeit: Alle Beschäftigten, die im Luftsicherheitsbereich arbeiten, müssen jeden Tag durch die Sicherheitsschleusen, die wir alle vom Flughafen kennen, denn natürlich ist so ein Luftdrehkreuz ein sicherheitsrelevanter Bereich.

Arbeiten im Sicherheitsbereich

Tägliches Warten auf den obligatorischen Check kostet Zeit und Nerven, daher hat der Betriebsrat durchgesetzt, dass es dafür pauschal zusätzlich fünf Tage frei im Jahr gibt sowie eine Pauschale von täglich 15 Minuten fürs Umziehen in die Sicherheitskleidung. Gefahren lauern überall, deswegen treibt die Kolleg*innen im Betriebsrat und der ver.di-Betriebsgruppe das Thema Arbeitsschutz auch besonders um, damit möglichst wenig Unfälle beim Hantieren mit der schweren Ware zwischen Förderbändern, Gabelstaplern, Flugzeugen und Containern passieren. Für die Kolleg*innen sind die neuen Fördersysteme für besonders große und sperrige Sendungen ein Fortschritt, zuvor war das System unter der reinen Menge in die Knie gegangen und kollabiert, jetzt sind Unfallgefahren geringer geworden, andererseits steigt der Druck, weil ein Signal auffordert, schneller zu packen, wenn sich an einer Stelle zu viele Sendungen stapeln.

Sicherheit geht vor

Auch die Sendungen werden einem Sicherheitscheck unterzogen und dürfen erst weiter transportiert werden, wenn der Zoll, der hier einen eigenen Ableger hat, sie freigibt. Was der Zoll blockiert, bleibt liegen und wartet auf Klärung: Handelt es sich um Plagiate oder organische Inhalte, die eine Gefahr darstellen können? Erst wenn der Zoll grünes Licht gibt, geht die Reise weiter ihrem Ziel entgegen. Hier kommen im Rahmen eines Inklusionsprojekts gehörlose Menschen zum Einsatz. Aus Sicherheitsgründen ist ihnen eine Begleitung an die Seite gestellt, da sie gegebenenfalls einen Alarm nicht hören würden. Die Schwerbehindertenvertretung und der Betriebsrat machen Druck, dass der Konzern endlich Wege geht, um barrierefrei Alarm zu schlagen.

In einem Bereich kümmern sich rund 130 Beschäftigte als Operations Specialists um die Abfertigung von Gefahrgütern: Sie sind zum Beispiel dafür verantwortlich, dass Blutkonserven richtig gelagert und schnell auf die Reise dorthin gebracht werden, wo sie dringend gebraucht werden. Sie hantieren mit radioaktivem Material, das für die Krebsbehandlung weltweit eingesetzt wird, aber nur eine Haltbarkeit von 48 Stunden hat. Hier geht es neben höchster Präzision um Leben und Tod.

Am DHL-Hub Leipzig das größte Drehkreuz von DHL Express weltweit. © ver.di

Vertrauen und Miteinander

„Wenn sich die Menschen hier nicht vertrauen, funktioniert gar nichts: Alle müssen sich aufeinander verlassen können“, erläutert die Referentin des Betriebsrats Sophie Bahrdt. Container und Flugzeuge müssen so gepackt werden, dass die Pilot*innen das Gewicht austarieren können, das zentrale Kontrollzentrum ist auf korrekte Angaben angewiesen, es geht nur miteinander.

Das bestätigen auch die Kolleg*innen der betriebseigenen Feuerwehr. 45 Beschäftigte, zwei von ihnen Frauen, sind die einzige eigene „DHL-Feuerwehr“ weltweit. Sie sorgen in 12-Stunden-Schichten dafür, dass im Notfall sofort Hilfe zur Stelle ist und stellen sicher, dass der Brandschutz immer funktioniert. Dazu gehören zum Beispiel 3000 Feuerlöscher, die regelmäßig gewartet werden müssen und auch wenn Ware „ausläuft“, ist die Feuerwehr gleich da. Auch den Zoll unterstützen die Kolleg*innen gerne und berichten, dass sie präzise Technik haben, um Flüssigkeiten zu identifizieren.

Hangar und Arbeitsbedingungen

Neben den Terminals liegt der Hangar, in dem die Flugzeuge gewartet werden. Hier ist es im Unterschied zum Gewusel der Laufbänder und Rutschen warm und vor allem: Leise. In den Terminals ist der Geräuschpegel so hoch, dass es schwierig ist, sich zu unterhalten. Im Hangar stille und hoch konzentrierte Wartungsarbeiten an den großen Vögeln aus Aluminium, die die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg des Drehkreuzes bilden. Erfolgsentscheidend: Dass die Maschinen schnell wieder flott gemacht werden. Dafür sitzt jeder Handgriff, liegt jedes Werkzeug parat – und werden die besten Bedingungen geschaffen.

Der Hangar wird von der European Air Transport Leipzig GmbH (EAT) betrieben. Die EAT verfügt über einen eigenen Betriebsrat und engagierte Gewerkschafter*innen.

In zwei Flugsimulatoren können Pilot*innen ihre Prüfungen absolvieren, um sich auf jede Eventualität vorbereiten. Danach geht es auf das Vorfeld, vorbei an der eigenen Tankanlage, die zweimal wöchentlich per Bahn mit Kerosin aus Leuna befüllt wird, vorbei an der Veterinärstation, an der auch schon mal Turnierpferde oder ein Nashorn Station machen und vom Tierarzt begutachtet werden, vorbei an den Containern und Waren, die darauf warten, in die Flugzeuge verladen zu werden, die dicht aufgereiht in Parkposition stehen, darunter eine goldene G-Klasse und ein schwarzer Ferrari, die in den nächsten Stunden auf den Weg nach Dubai gebracht werden. 

Arbeitsalltag und Teamgeist

Nach fünf Stunden ist die Tour am Ende, die Nachtschicht noch lange nicht. Kolleg*innen begrüßen sich mit „Guten Morgen“ oder „Mahlzeit“, machen Pause, um außerhalb der Terminals zu rauchen oder in den Pausenräumen eine Stulle zu verzehren. Müde und abgekämpft sehen sie aus, es wird viel geschwiegen nach dem Lärm an den Förderbändern. Ihre Energie stecken sie in die Arbeit und drehen an ihrem Rädchen in diesem eigenen Kosmos, der ganze Wirtschaftszweige miteinander verbindet. Am Ende kommt es auf den Menschen an, das ist die Erkenntnis der Nacht, die eine Nacht ist wie jede andere in diesem Hub, der niemals schläft. Betriebsrat und ver.di-Betriebsgruppe werden auch weiterhin die Bedingungen unter die Lupe nehmen und mit den Kolleg*innen die Stellschrauben für bessere Bedingungen weiter drehen. Sie kennen den Wert des Faktors Mensch in diesem System genau und kämpfen dafür, dass sich diese Erkenntnis auch beim Arbeitgeber DHL durchsetzt, der mit großen Plakaten und glamourösen Botschaften für neue Arbeitskräfte und vollen Einsatz wirbt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert