Amazon gab es schon, da war Online-Shopping etwas für Nerds, Handys sahen aus wie Kommunikatoren aus Star Trek und alle schmolzen dahin zu Mariah Careys „Without You“. 25 Jahre später ist Amazon zu einem gigantischen Konzern mit weltweit 789.000 Beschäftigten herangewachsen. Das Imperium des Jeff Bezos agiert global, extrem flexibel und aggressiv. Der wirtschaftliche Erfolg geht allerdings auf Kosten der Beschäftigten. Wir haben fünf Dinge zusammengestellt, die du wissen solltest, wenn du das nächste Mal bei Amazon bestellst.
1. Amazon ist gewerkschaftsfeindlich
Präsentiert sich der Onlinehändler auch sonst gerne innovativ und flexibel, so wird das Unternehmen eher nach Gutsherrenart geführt. Amazon setzt auf eine von Anfang an gewerkschaftsfeindliche Strategie. Gewerkschaften, wie ver.di, werden als Feinde des Unternehmenserfolgs angesehen. Bemühungen der Arbeitnehmer*innen um Mitbestimmung werden vom Management kritisch beäugt. Mit Gewerkschaften wird nicht verhandelt. An keinem einzigen deutschen Standort gibt es daher einen Tarifvertrag. Dies alles ist offen dokumentiert, seit ein internes Trainings-Video geleakt wurde, welches dem Management Werkzeuge an die Hand geben soll, um gewerkschaftliche Aktivität im Betrieb zu identifizieren und zu unterbinden. „Union Busting“ (= Zerschlagung von Gewerkschaften) nennt sich das.
2. Amazon überwacht seine Mitarbeiter*innen
Ständige digitale Leistungskontrolle gehört in den Amazon-Versandhandelszentren zum Arbeitsalltag. Das Unternehmen überwacht die Beschäftigten systematisch. Die Beschäftigten müssen strikte Produktivitätsvorgaben erfüllen. Die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten werden ignoriert. Das geht nur, wenn die Menschen funktionieren wie Roboter. So gefährdet sogar ein Toilettengang die Erreichung der Performance-Ziele. Das Fulfillment Center in Leipzig ist ungefähr so groß wie 11 Fußballfelder. Entsprechend weit sind die Wege, so dass die Beschäftigten ihre Produktivitätsvorgaben nicht einhalten können. Mit dem Ergebnis, dass sie am Ende ihrer Schicht Ärger mit der Schichtleitung bekommen, weil sie die Vorgaben nicht geschafft haben.
3. Die Arbeit bei Amazon macht krank
Arbeiten in Amazons Fulfillment Center ist ein physisch und psychisch anstrengender Job: zugige Hallen, kein Tageslicht, weite Wege und Arbeitsplätze, die nicht an die individuellen Bedürfnisse der Menschen angepasst sind. Darüber hinaus führen ständige Überwachung und Leistungsdruck am Arbeitsplatz zu Stress. Psychische Erkrankungen können die Folge sein. Die Krankheitsquote bei Amazon ist daher überdurchschnittlich und kann bis zu 20 Prozent betragen.
Trotz allem verwehrt Amazon den Mitarbeiter*innen nicht nur einen existenzsichernden Tarifvertrag wie im Einzel- und Versandhandel, sondern auch ein schützendes Tarifwerk für gute und gesunde Arbeit.
4. Die Arbeit bei Amazon ist schlecht bezahlt
Ist Amazon ein Logistikunternehmen oder ein Versandhändler? So ganz sicher scheint sich der Online-Riese in diesem Punkt selber nicht zu sein. Zumindest scheint er in einer tiefen Identitätskrise zu stecken, führt man sich folgenden Sachverhalt vor Augen: In den USA nennt sich das Unternehmen „Versandhändler“, in Deutschland „Logistiker“. Woran das liegt? Je nachdem welcher Tarifvertrag für den Versandriesen billiger ist, bezeichnet er sich mal als das eine, mal als das andere. Während sich Amazon in Deutschland damit rühmt „nach dem Tarifvertrag der Logistikbranche“ zu bezahlen, erhalten Amazon-Beschäftigte in den USA den Lohn für die Versandhandelsbranche. Ist Amazons Business-Modell in den USA ein anderes? Aber nein. Nur die Lohnkosten werden dadurch gedrückt.
Jeff Bezos, der Gründer des Onlineversandhändlers Amazon, besitzt ein Vermögen von mehr als 200 Mrd. US-Dollar und ist damit der reichste Mann, der jemals gelebt hat. Warum macht er es den Menschen, die tagein tagaus für den Erfolg seines Unternehmens den Rücken (im wahrsten Sinne des Wortes) krumm machen, so schwer?
Da erscheint es fast wie Hohn, wenn Amazon parallel zum Arbeitskampf Videos veröffentlicht, die zeigen sollen, wie toll Arbeiten bei Amazon ist. Arbeiten bei Amazon wird in glanzpolierter Lalaland-Optik dargestellt. Man wäre nicht überrascht, würden die gut gelaunten Protagonist*innen ein fröhliches Liedchen anstimmen.
5. Amazon zahlt keine Steuern
Amazon ist aber nicht nur ein schlechter Arbeitgeber, sondern unterwandert auch auf ganz grundlegende Weise die Demokratie. Der Konzern ist ein weltmeisterlicher Steuerhinterzieher und nutzt jedes erdenkliche Steuerschlupfloch aus.
Der lange Kampf der Amazon-Beschäftigten, Boewe / Schulten (2019), S. 4
Gäbe es eine Diagnose „Steuerphobie“, bei Amazon wäre sie zutreffend. Amazon macht in Deutschland einen Umsatz von über 7 Milliarden Euro, aber zahlt so gut wie keine Steuern. Gleichzeitig hat Amazon für die Errichtung seiner Versandzentren Millionen an Subventionen aus der öffentlichen Hand bekommen.
Das waren nur fünf Dinge, die du wissen solltest, wenn du bei Amazon bestellst. Eine spannende, tiefergehende Analyse der aggressiven Geschäftspraktiken und viele Links zum Weiterlesen findest du bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Bleibt die Frage: Was tun? Unser Appell: Unterstütze die Amazon-Beschäftigten und ver.di bei ihrem Kampf um einen Tarifvertrag! Dazu gibt es viele Möglichkeiten: Nerve das Unternehmen mit dieser Forderung, sprich mit deinen Freundinnen und Freunden darüber und unterstütze die Tarifforderung auch öffentlich, z. B. in den Sozialen Medien. Oder vielleicht schließt du dich auch mit anderen zusammen, und gründest Unterstützerstrukturen, die vor Ort gemeinsam mit den Beschäftigten die Forderung nach Tarifverträgen bei Streiks oder Aktionen in die Öffentlichkeit tragen? Möglichkeiten gibt es viele!
Heute bestellt – morgen geliefert.
Das schafft keiner von der Konkurrenz. Und man bekommt fast alles unter einem Dach.
Das ist sehr komfortabel.
Amazon ist die Spitze des Eisbergs. Man dürfte nirgendwo mehr kaufen, denn entweder haben die Beschäftigten miserable Arbeitsbedingungen, die Umwelt wird zerstört oder die Produktion findet in Fernost unter gnadenloser Ausbeutung der Menschen dort statt.
Darauf liefert bis heute niemand in Deutschland eine Lösung.
Und wie ist das nochmal mit deutschen Leiharbeitsfirmen, die zum Beispiel VW in Emden gegründet hatte? Dort arbeiten die Beschäftigten im VW Konzern und bekommen nur einen Bruchteil der Beschäftigten bei VW bei gleicher Arbeit. Alles, was die Gewerkschaft ausgehandelt hat, ist Dank AGENDA 2010 Makulatur.
Also sollte man keine PKW von VW kaufen.
Alles ganz großes Kino.
In der Situation zu verbleiben, wird diese aber grundsätzlich nicht ändern. Um ein langfristiges Umdenken zu erreichen, ist Aufklärung essentiell wichtig. Viele Menschen wissen nicht, wie es in großen Konzernen wie Amazon, VW, Würth, etc. läuft. Ich bin froh, dass es ein kollektives Arbeitsrecht gibt und hoffe, dass mehr Aufklärung den Konsumierenden und/oder Mitarbeitenden hilft, die Arbeitswelt zu Gunsten vieler und nicht einzelner Menschen zu wandeln.
Liebe Andrea, du hast so recht. Es gibt viele Bereiche in unserer globalen Welt, die schlecht oder schlechter sind und die wir verändern müßten. Aber fange doch einfach Veränderungen an, bei den du Einfluss hast. Und der Anfang wäre gemacht, nicht mehr bei Amazon zu kaufen.
Also, meine Buchhändlerin schafft das auch. Heute bestellt, morgen da.
Super, dann hast du ja zumindest Bücher 24 Stunden später. Ich bestelle bei Amazon eigentlich keine Bücher. Wenn ich lese, dann meist eBooks, mit denen mein Buchhändler um die Ecke wenig anfangen kann…