Daniel Wenk engagiert sich für die Abschaffung des sogenannten Dritten Wegs, des Sonderwegs der Kirchen in Sachen Arbeitsrecht, und hat in Baden die Beschäftigten-Bewegung bei den christlichen Arbeitgebern auf den Weg gebracht. Ein Interview.

Foto: František Matouš

ver.di: Als Beschäftigter und Interessenvertreter bei der Diakonie hast du in deiner Biographie selbst immer wieder die Grenzen der Mitbestimmung erfahren und erlebt, wie sich die Arbeitgeber gegen mehr Mitbestimmung wehren. Wie bist du zur Diakonie gekommen?

Daniel: Zur Diakonie bin ich über den Zivildienst gekommen. Ich bin gelernter Schreiner und habe nach der Ausbildung noch zwei Jahre regulär als Geselle gearbeitet. Dann hätte ich zur Bundeswehr gemusst, habe aber als einer der ersten hier bei uns den Kriegsdienst verweigert.

Meinen Zivildienst habe ich dann bei der diakonischen Altenhilfe absolviert, beim evangelischen Sozialwerk Müllheim und habe dort in meiner Zivildienstzeit Schreinertätigkeiten ausgeübt. Zum Ende meiner Zeit dort wurde ich gefragt, ob ich bleiben will. Die Arbeit hat mir Spaß gemacht, deshalb habe ich zugesagt. Dort bin ich bis heute, allerdings in anderer Funktion. 

Erstes Misstrauen gegen den Arbeitgeber
Foto: František Matouš

Ulkigerweise war es die Frau des Heimleiters, die mich Mitte der Neunziger ansprach, ob ich mich für die Mitarbeitervertretung (MAV) aufstellen lassen will. Die MAV ist in kirchlichen Betrieben das Pendant zum Betriebs- oder Personalrat, nur mit weniger Rechten ausgestattet. 1995 wurde ich in das Gremium gewählt.

Daniel Wenk, Jahrgang 1966, ist freigestellter Interessenvertreter, Mitglied der Sprechergruppe der Bundeskonferenz der Diakonischen Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen und Gesamtausschüsse, im Gesamtausschuss der Diakonie Baden und Vorsitzender der Mitarbeitervertretung im Sozialwerk Müllheim sowie Sprecher der Projektgruppe Diakonie. Daniel ist verheiratet mit drei Kindern und wohnt im Dreiländereck, zwischen Deutschland, der Schweiz und Frankreich.

Irgendwann hat uns der Arbeitgeber Änderungen von zehn Eingruppierungen vorgelegt. Alle zehn Höhergruppierungen waren zu spät. Als wir daraufhin die Eingruppierung aller 150 Beschäftigten überprüft haben, stellten wir fest, dass ein Drittel der Eingruppierungen nicht stimmte. Obwohl wir sie damit konfrontiert haben, war das erste Verhandlungsangebot der Arbeitgeber trotzdem immer noch zum Nachteil der Beschäftigten.

Sie sollten danach später hochgruppiert werden, als im Tarif vorgesehen. Das hätte für die Kolleg*innen eine nicht geringe finanzielle Einbuße bedeutet. Dagegen sind wir angegangen. Mit Erfolg: Am Ende konnten wir für die 50 Betroffenen die Höhergruppierungen rückwirkend durchsetzen. 

Nach dieser Erfahrung waren wir misstrauisch und haben in der Mitarbeitervertretung alle Dienstpläne in der Pflege nachgerechnet und viele nicht bezahlte Stunden gefunden. Wir haben beim Arbeitgeber durchgesetzt, dass diese Stunden nachträglich gutgeschrieben werden mussten. Das war ein sehr mühsamer Kampf mit den wenigen Mitteln, die uns in der MAV zur Verfügung standen, aber wir waren doch ziemlich erfolgreich.

Gutsherrenart gegenüber Beschäftigten
Foto: František Matouš

ver.di: Wie kann es sein, dass euch der kirchliche Arbeitgeber um so viele geleistete Stunden betrogen hat? 

Daniel: Hinter dem Verhalten der Arbeitgeber den Beschäftigten gegenüber steckt nicht unbedingt Boshaftigkeit. Es ist eher – bis heute – eine Art Gutsherrenart, eine überkommene Art im Umgang mit den Beschäftigten. Es wird oft nach Gutdünken gehandelt. Eine aktive Mitarbeiter*innenvertretung stört da natürlich.

Bis heute haben sie die Chancen einer guten Zusammenarbeit auf Augenhöhe nicht verstanden – nicht ohne Grund haben wir alleine bei uns bis heute um die dreißig Kollektivverfahren gegen den eigenen Arbeitgeber führen müssen.

Den lästigen Mitarbeitervertreter loswerden …

ver.diVerstehe. Wie ging es erst mal für dich weiter?

Daniel: Um 2000 herum hat der Arbeitgeber beschlossen, die Schreinerei zu schließen. Das war sehr verwunderlich, denn ich hatte immer viel zu tun. Und gerade zu der Zeit habe ich umfangreiche Umbauarbeiten geleitet und hatte ein ganzes Team. Im Prinzip haben wir außer Elektrik alles gemacht: egal ob Schreinerarbeiten, alles, was mit Wasser- und Abwasser zu tun hat, tapezieren oder streichen. Es gab ja auch mehrere Standorte, Arbeit war also mehr als genug da. 

Dazu muss man wissen: Zu dem Zeitpunkt und seit dem Kampf um die nicht-bezahlten Arbeitsstunden war ich der Aktivposten in der Mitarbeitervertretung. Das hatte auch praktische Gründe: Als Schreiner war ich flexibler als viele der im Schichtdienst tätigen Kolleg*innen. 

Vorausgegangen war auch, dass mir der Arbeitgeber eine Umschulung zum Altenpfleger angeboten hatte. Ein cleverer Zug von der anderen Seite, denn hätte ich das Angebot angenommen, hätte das bedeutet, dass ich aus der Mitarbeitervertretung austreten muss, also habe ich das nicht gemacht. 

Später haben sie einen Kündigungsantrag gestellt. Zu der Zeit bin ich dann auch in ver.di eingetreten wegen des Rechtschutzes. Der Kündigungsantrag ist dann aber gescheitert. Es kam nicht mal bis zum offiziellen Richterspruch, stattdessen gab es eine „gütliche Einigung“.

Der Richter hat Klartext geredet: „Eine Kündigung ist bei dem Mann ausgeschlossen, den werden Sie nicht los, da können Sie machen, was Sie wollen.“ Das war eine klare Ansage, da haben sie aufgegeben. Seit 2005 war ich in der Haustechnik. Mittlerweile bin ich aber seit vielen Jahren freigestellt.

Mitbestimmung „light“ bei der Diakonie
Dream Team für die Beschäftigtenbewegung bei der Diakonie.
Links: Daniel Wenk, rechts Mario Gembus, verantwortlich in der ver.di Bundesverwaltung für Kir­chen, Dia­ko­nie und Ca­ri­tas
Foto: František Matouš

ver.di: Warst du zu dem Zeitpunkt schon in ver.di aktiv? 

Daniel: Erst mal bin ich innerhalb der Diakonie überbetrieblich tätig geworden. Zu der Zeit bin ich zum ersten Mal in den Gesamtausschuss Baden gewählt worden, ein Informations- und Austauschgremium aller MAVen aus evangelischen Einrichtungen, allerdings ohne die Mitbestimmungsrechte einer Stufenvertretung.

Die überbetriebliche Arbeit bestand darin, die Mitarbeitervertreter*innen der diakonischen Einrichtungen in ganz Baden an zu schulen und ihnen mit Beratung zur Seite zu stehen. In diesem Umfeld und nach den Erfahrungen mit dem Arbeitgeber bin ich dann zunehmend politischer geworden. 

Ich erinnere mich an einen Vortrag auf einer Klausur der Bundeskonferenz der AGMAVen und Gesamtausschüsse. Dort hat mir ein bekannter Arbeitsrechtler, der auf das kirchliche Mitbestimmungsrecht spezialisiert ist, die Augen geöffnet, wie groß die Unterschiede zwischen MAV und Betriebsrat sind. 

Dann bin ich in die gewerkschaftliche Gremienarbeit bei ver.di eingestiegen. ver.di-Mitglied war ich ja schon: Ich wurde in die Bundesfachkommission Kirche berufen und war seit der Umstellung der Gremien Sprecher der Projektgruppe Diakonie. Durch diese Arbeit wurde auch die Verbindung mit den Haupt- und Ehrenamtlichen auf der ver.di-Bundesebene immer enger. Heute arbeite ich mit Mario Gembus, dem Verantwortlichen für kirchliche Betriebe in der ver.di-Bundesverwaltung, Seite an Seite.

Bessere Arbeitsbedingungen durch Selbstermächtigung
Foto: Mario Gembus

ver.di: In diesen Funktionen bist du bei dir in der Einrichtung aber aus dem Alltagsgeschehen raus, oder?

Daniel: Wahrscheinlich ist der Arbeitgeber froh, dass ich viel auf Bundesebene mache und entsprechend weniger im Betrieb aktiv bin (lacht). Zum Glück gibt es aber mittlerweile genügend gute Leute bei uns, die weiter für wirkliche Mitbestimmung kämpfen.

Und ja: Nur noch ein Viertel meiner Aufgaben betrifft den Betrieb. Es gab aber in der letzten Zeit dann doch noch einen Konflikt bei uns, der den Arbeitgeber ganz schön getriggert hat.

Bei uns im Altenheim wurde im Präsenzbereich eine Veränderung in der Essensversorgung vorgenommen. Von einem Tag auf den anderen wurde Personal abgebaut und es wurden Kündigungen ausgesprochen, ohne die Mitarbeiter*innenvertretung zu dieser Maßnahme zu beteiligen. Die Folge waren massive Engpässe in den Einrichtungen bei der Essensausgabe. Das war nicht akzeptabel.

Die Beschäftigten haben dann der Arbeitgeberseite ein Ultimatum gestellt: Wenn das nicht verbessert wird, machen wir nur noch Dienst nach Vorschrift. Es gibt keine freiwilligen Leistungen mehr wie zum Beispiel das Kommen aus dem Frei. Aufgrund unserer guten Öffentlichkeitsarbeit gab es auch noch einen sehr wohlwollenden Artikel in der Badischen Zeitung. 

Dazu kamen Klagen von den gekündigten Kolleg*innen und die Gerichte entschieden, dass die Kündigungen zurückgenommen werden mussten. Es war ein großer Akt der Selbstermächtigung der Beschäftigten, um ihre betrieblichen Bedingungen zu verbessern.

Kirchliches Nebenarbeitsrecht: Verhinderung von echter Mitbestimmung
von links: Daniel Wenk und Mario Gembus
Foto: František Matouš

ver.di: Kommen wir noch mal vom Betrieb auf die politische Ebene. Was verbirgt sich hinter dem „kirchlichen Nebenarbeitsrecht“?

Daniel: 1952 haben die Kirchen die Nichtanwendung des Betriebsverfassungsgesetzes auf ihre Einrichtungen politisch durchgesetzt. Das hat zur Folge, dass wir in der Mitarbeiter*innenvertretung weniger Rechte haben als ein Betriebsrat. Echte Gestaltungsmacht – um zum Beispiel um langfristig gute Dienstpläne zu gestalten – haben wir bis heute nicht. Unsere Werkzeuge in der MAV sind einfach zu schwach. 

Es gibt auch erst seit wenigen Jahren eine verbindliche Einigungsstelle – light. Bis heute gibt es keine Mittel wie vollstreckbare Zwangsgelder, um den Arbeitgeber zur Umsetzung von Maßnahmen zu bewegen. 

Anders als im Betriebsrat ist man mit der MAV nicht auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern. Und es zieht es sich bis heute durch, dass die Arbeitgeber der Diakonie Mitbestimmung nicht als Qualitätsmerkmal ansehen – dabei ist es doch verrückt, dass die Arbeitgeber in kirchlichen Einrichtungen glauben, sich vor ihren eigenen Mitarbeiter*innen durch eine schwache Mitbestimmung schützen zu müssen. Bis heute haben sie die Chancen, die in einer guten Zusammenarbeit liegen, nicht erkannt und genauso wenig wollen sie Tarifverträge.

Stark durch überbetriebliche und gewerkschaftliche Vernetzung

ver.di: Dank eures Einsatzes ändert sich ja gerade vieles

Daniel: Die Beschäftigten werden stärker und kämpfen immer stärker für ihre Rechte. Sie akzeptieren es nicht mehr, durch das kirchliche Sonderarbeitsrecht in ihren Rechten beschränkt zu werden. Das Streikrecht haben sie und sie haben es in den letzten Tarifrunden bereits genutzt. Außerdem fordern sie aktuell in einer Petition volle Mitbestimmung im Betrieb und Schluss mit der Diskriminierung kirchlich Beschäftigter auch auf Grund privater Entscheidungen.

Immer noch werden Beschäftigte gekündigt, wenn sie z.B. aus der Kirche austreten oder ihre Lebensführung dem Arbeitgeber nicht passt. Die Rechtsprechung zieht hierbei immer engere Grenzen. Es ist nun an der Zeit, dass der Gesetzgeber tätig wird und die Rechte der kirchlich Beschäftigten stärkt. 

Zehn Jahre Tarifbewegung bei christlichen Trägern
Foto: Julian Widmann

ver.di: Gehen wir noch mal einen Schritt zurück: Wie fing in Baden der Kampf um Tarifverträge an?

Daniel: Es waren Beschäftigte der Stadtmission Heidelberg, die die Willkür im Dritten Weg nicht mehr akzeptiert haben. Der Arbeitgeber hatte das Lohnsystem verschlechtert. Daraufhin haben sich die Beschäftigten in ver.di organisiert und nach zwei eintägigen und einem dreitägigen Streik den ersten richtigen Tarifvertrag erstritten. Das war um 2013 herum.

Die Forderung nach der Anwendung von Tarifverträgen haben wir dann parallel bundesweit für alle Standorte der Diakonie erhoben. Das war der Start der Tarifbewegung.

Jetzt geht es darum, dass wir uns immer stärker in die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst einbringen. Auch Tarifrunden sind stark beteiligungsorientiert, von der Forderungsdiskussionen bis hin zum Druckaufbau und der Abstimmung zum Ergebnis. 

In Baden waren wir erstmals 2022 in der Tarifrunde für den Sozial- und Erziehungsdienst mit zwei Trägern dabei. Die Kolleg*innen aus einigen Kitas haben mit den Kolleg*innen im öffentlichen Dienst mitgestreikt. Auch Aktive aus der Jugendhilfe arbeiten seit letztem Jahr auf Beteiligung hin und sprechen Kolleg*innen in ihrem Betrieb an. Ihre Einrichtung war ebenfalls zum zweiten Mal bei den Streiks dabei. 25 Prozent der Kolleg*innen dort waren auf der Straße, das ist eine hohe Quote. 

Und noch eine gute Nachricht: In der gerade zu Ende gegangenen Tarifrunde im öffentlichen Dienst 2023 hat sich die Mitgliederzahl bei den teilnehmenden kirchlichen Betrieben erhöht. Wir sind an dem Punkt, an dem es zu einer Bewegung über alle Betriebe hinweg wird.

Beschäftigte christlicher Träger streiken mit!
Foto: Mario Gembus

ver.di: Dass die Beschäftigten kirchlicher Träger streiken – ist das überhaupt möglich?

Daniel: Wir rufen da zu Partizipationsstreiks auf, wo dynamische Verweise auf den TVÖD bestehen, das ist eine wichtige Voraussetzung.

ver.di: Ist dir bekannt, ob Streikbeteiligung von den Arbeitgebern sanktioniert wird?

Daniel: Der Streikaufruf an sich wurde nicht angefochten, aber es kam schon vor, dass die Teilnahme verboten wurde. In Lörrach hat der Arbeitgeber allen Beschäftigten schriftlich mitgeteilt: „Ihr dürft nicht mitstreiken.“ Sie hat damit den Streikaufruf noch bekannter gemacht. Am Ende waren die Kolleg*innen aber dabei und es hatte keine Konsequenzen. Und es macht etwas mit den Belegschaften, wenn die Leute die Arbeit trotz der Verbotsversuche niederlegen. 

Caritas & Diakonie: Absage an Verbesserungen für die Altenhilfe

ver.di: Um den Dritten Weg zu schützen, haben die Arbeitgeber in Caritas und Diakonie die Erstreckung des Tarifvertrags für die Altenhilfe über das Entsendegesetz verhindert. Nach jahrelanger gemeinsamer Vorbereitung haben sich die Arbeitgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommision der Caritas im Februar 2021 über Nacht umentschieden und völlig überraschend gegen das Vorhaben gestimmt. Die Diakonie hat das zum Anlass genommen, ihre eigene Abstimmung gleich ganz abzusagen. Wie war das für dich?

Daniel: Das war ein ganz schwarzer Tag für mich. Ich hatte an dem Tag auch noch Geburtstag, das war wirklich eine miese Überraschung!

Wir haben bis Ostern – es war ja Corona-Zeit – in meinem ver.di-Bezirk Freiburg vor der Bundesstelle der Caritas noch mehrere Aktionen gemacht. Das war quasi unser Gegengeschenk. Wir haben ein Video von einer Aktion gedreht, das über die Feiertage über 3.600 Mal geklickt wurde.

Die Arbeitgeber bei der Caritas haben mit dieser Entscheidung bewusst in Kauf genommen, dass Beschäftigten bei privaten Trägern bis zu 25 Prozent mehr Lohn verwehrt wurde, nur um ihren Sonderstatus zu retten. Dabei hätten sie ja trotzdem in ihrer Kommission weitermachen können. Es ging bei dieser Initiative ja vor allem darum, Mindestbedingungen in Kleinstbetrieben zu schaffen.

Schlimm ist, dass sich die Diakonie hinter der Caritas weggeduckt hat und nach der Absage der Caritas gar nicht erst über die Annahme abgestimmt hat. Hätte die Diakonie dafür gestimmt, hätte sie zwar keine Mehrheit gehabt, aber zumindest wäre der politische Druck auf die Caritas ein anderer gewesen. Deswegen muss man sagen: Die Mindestbedingungen in der Altenpflege haben beide gleichermaßen verhindert. 

Um so besser, dass die Beschäftigten den Dritten Weg immer weniger akzeptieren. Sie holen sich ihre Grundrechte zurück. Das ist die richtige Antwort. 

„Wir wollen’s wissen“: mehr Mitbestimmung im Betrieb

ver.di: Was sind deine aktuellen gewerkschaftlichen Projekte?

Daniel: Gemeinsam mit ver.di, dem Gesamtausschuss Baden und ver.di-Aktiven haben wir in Baden ein großes Beteiligungsprojekt auf den Weg gebracht: »Wir wollen’s wissen«.

Das Projekt ist seit Ende 2022 am Start. Zum einen geht es darum, Mitarbeitervertretungen zu unterstützen, damit sie konkrete Verbesserungen in den Betrieben durchsetzen. Via Umfrage haben die MAVen unter allen Kolleg*innen deren wichtigste Themen im Arbeitsalltag erfragt – es geht da um Dienstpläne oder Hitze- oder Gesundheitsschutz – und diese gemeinsam mit ihnen priorisiert. Auch über die Lösungsfindung wird unter Beteiligung der Beschäftigten entschieden. Im nächsten Schritt geht es dann darum, diese Themen gemeinsam mit den Interessenvertretungen im Betrieb durchzusetzen. Dabei unterstützen wir.

Mobilisierung in den Betrieben

ver.di: Das klingt super! Wie habe ich mir die Mobilisierung konkret vorzustellen? Geht ihr dafür selbst in die Betriebe? 

Daniel: Ja auch das! Aber es gibt verschiedene Wege, unsere Botschaft in die Betriebe zu bringen. Zum Beispiel in Einrichtungen, in denen in diesem Jahr schon zum dritten Mal gestreikt wurde (SuE und zweimal TVöD), haben wir eine schnelle Kommunikation mit unseren Aktiven in Chatgruppen aufgebaut. 

Auch mein Netzwerk über die Schulungstätigkeit von MAV-Vertreter*innen zahlt sich jetzt aus. Jetzt berate ich die Kolleg*innen, wie man solche Aktiven-Netzwerke aufbaut. 

Aber wir führen auch konkret Gespräche mit Kernaktiven, um diese zu stärken. Und solche Leute gibt es in jedem Betrieb. Wir organisieren Gesprächsrunden, teilweise mache ich das zusammen mit Mario. Das macht mir großen Spaß, wir hatten wirklich tolle Begegnungen!

Letztes Jahr, zum Beispiel Dominique, eine Aktivistin aus Chile, die wegen ihres Engagements für kostenlose Bildung exmatrikuliert wurde und ihr Heimatland verlassen hat. Sie war mit ihren Kolleg*innen bei sämtlichen Streikaktionen dabei, ein Fels in der Brandung! Oder Michael aus der Jugendhilfe, der mit seinen Kolleg*innen so eine super Stimmung gemacht hat auf den Demos, das war das Highlight der Streik-Kolonne! Ich kann gar nicht all die tollen Kolleg*innen aufzählen, denen ich begegnet bin.

Der Stein ist ins Rollen gekommen

Und das ist es: Die Beschäftigten sind stolz drauf, dass sie den Mut haben mitzumachen, dass sie nicht immer nur zugucken. Das ist Selbstermächtigung – nach dem Motto „Egal was mein Arbeitgeber sagt: Ich will Teil der Bewegung sein!“ Und sie treten dem Arbeitgeber entgegen und holen sich ihre demokratischen Grundrechte zurück!

Es wird mittlerweile auch immer einfacher, ganz neue Betriebe anzusprechen! Es herrscht Aufbruchstimmung. In der Tarifrunde im öffentlichen Dienst sind Kolleg*innen aus der Sozialstation, dem Altenheim – alle erst kurz vorher dazugestoßen!

Das ist für mich das Schönste: Auf der Straße, vor den Betrieben bei den Streiks die ganzen Menschen wiederzutreffen! Ich muss sagen: Ich arbeite an diesem Netzwerkaufbau ja schon einige Jahre und jetzt ist der Stein ins Rollen gekommen! Wir sind nicht mehr die Zuschauer, wir sind mittendrin!

ver.di: Danke, Daniel, für das tolle Gespräch! Wir sind schon ganz gespannt, wie  viele Kolleg*innen aus kirchlichen Einrichtungen in den nächsten Tarifrunde dabei sind!

Hier kannst du die Petition „Gleiches Recht“ zur Gleichstellung kirchlicher Beschäftigter unterstützen.

Du arbeitest bei einem kirchlichen Träger und willst dich in ver.di engagieren? – hier entlang!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert